Der Sprung ins Wasser
25. Juni 2012, Jürg Messmer
Immer wieder meint jemand, dass ich zuviel denke. Das stimmt, ich denke viel. Früher habe ich diese Gedanken oft niedergeschrieben - um sie zu ordnen und schreibend Distanz zu gewinnen. Mehr Spielraum bringt mir jedoch Bewegung - insbesondere Wandern, Bergsteigen oder ab und zu Tanzen. Doch es bleibt genügend Raum für Unzufriedenheit. Selten habe ich eine klare Idee davon, wie die Dinge sein sollten - oft jedoch, wie sie nicht sein sollen.
Deshalb bin ich öfters niedergeschlagen - Depression nennt man das heute, eine weitverbreitete Krankheit die - mindestens kommerziell - erfolgreich gemanagt wird. Doch ich wehre mich dagegen: Niedergeschlagenheit gehört zu mir. Ich habe hohe Ansprüche an mich und kann ihnen nicht gerecht werden - auch mit 60 noch nicht. Immer wieder bin ich enttäuscht, dass es bei mir nie richtig mit einer Karriere geklappt hat wie bei anderen, dass ich weder Frau noch Kinder habe. Auch kein Auto, kein Smart-Phone. Und keinen Stress wegen zuviel Arbeit. Wenn mich jemand anruft, habe ich - fast - immer Zeit. Eigentlich ein schöner Zustand, doch auch Grund zur Verzweiflung, weil er Beweis meiner Unzulänglichkeit ist - Beleg, dass ich nicht von Nutzen bin.
Früher habe ich Medikamente genommen, um mit diesen Zuständen klar zu kommen. Das hat zeitweise geklappt. Doch als ich vor einiger Zeit wieder einmal in einer akuten Krise verzweifelt verschiedene Antidepressivas ausprobiert hatte, halfen die nicht mehr: das eine bewirkte zu viel (da bin ich ja nicht mehr mich selber!), das andere zu wenig. Dabei habe ich realisiert, dass dieser Zustand des panischem Suchens nach einer Befreiung von der Last viel schwieriger ist als diese anzunehmen: irgendwie will ich keine Medikamente mehr nehmen. Diese Medikamente riechen ja auch nicht nach einer fürsorgenden Hand, vielmehr stinken sie nach Raubrittertum, nach internationaler Finanzmafia, nach Grossindustrie und Umweltzerstörung. So versprechen mir diese Medikamente keine Linderung, keine Stärkung meiner selbst, sondern Macht und Geld nur für andere - das Gleichgewicht ist gestört. Heiligt der Zweck die Mittel?
Ich glaube nicht einfach an das Gute, denn inzwischen kenne ich ja mich selber. Doch gerade deshalb will ich den Stier bei den Hörnern packen!
Darum schreibe ich jetzt wieder - hier meine provisorische Themensammlung:
- Des Glücks eigener Schmied
- Zweck-geheiligte Mittel
- Meine grösste Angst
- Positives Denken
- Flexibilität ist gefragt
- Dummheit oder was? oder check ich's nicht?
- Die Phantasie des Buchhalters
- Die Managerlöhne sind nicht das Problem
- Die Regierung wird es nicht richten - Wir alle haben die Freunde, die wir verdienen
- Globalisierung, aber wie?
- Können, dürfen, wollen, müssen - was ist der Unterschied?
- Freundeskreis
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